Der Relative Age Effect – Was tun?

Der Relative Age Effect ist eines der größten, wenn nicht sogar das größte, Problem im Jugendfußball. Der R.A.E. im Fußball ist kurz gesagt das Phänomen, dass die Jugendmannschaften die Kinder, die in den ersten Monaten des Jahres geboren sind oftmals einen körperlichen und kognitiven Vorteil gegenüber den „Spätgeborenen“ haben. Das hat zu Folge, dass diese mehr gefördert werden und Talente aus den Monaten Oktober bis Dezember dadurch durchs Raster fallen. Eine genauere Definition und die eklatanten Folgen des R.A.E. findet ihr auch in zwei früheren Blog-Artikeln. Interessant und auch beunruhigend ist für uns die Tatsache, dass die ersten drei Monate eigentlich zu den 4 geburtenschwächsten eines Jahres gehören (s. destatis) und trotzdem ca 40-50 % aller Nachwuchsspieler in den U17 und U19 Mannschaften der NLZ’s im ersten Quartal des Jahres geboren sind (nachzulesen auch in diesem Blog-Artikel). Uns erreichte jetzt ganz aktuell die Nachricht eines Trainer Kollegen zu diesem Thema:

„Hallo,

das es den R.A.E. gibt ist bewiesen und leider Tatsache.
Mich würden eure Lösungsansätze interessieren!?
Also ich komme aus Österreich und habe mit dem ÖFB zu tun.
Einen Vorschlag hätte ich: (ob er gut oder schlecht oder ob er umsetzbar ist wage ich nicht zu beurteilen)
Meiner Meinung nach sollte der Kinder/Jugendfußball erst mit ca. 12 Jahren Erfolgsorientiert sein und vorher nicht. Natürlich gibts da die Begründung bezüglich dem Konkurrenzkampf (was ich nicht ganz entkräften kann), aber ich würde den Kindern und dem Trainer den Erfolgsdruck nehmen und dem Trainer die Möglichkeit geben sich wirklich mehr auf die Entwicklung der Kinder zu konzentrieren und nicht unbedingt von Anfang an alles gewinnen müssen. Außerdem kann der Trainer bei einem Match dann jedes Kind “gleich lange” spielen lassen.

Was sagt ihr dazu und habt ihr auch Lösungsvorschläge?

LG“

Lösungen für diese Problematik zu finden und vor allem zu etablieren ist äußerst schwierig, da das Problem von der G-Jugend bis zu den Leistungsmannschaften der Proficlubs alle Altersklassen und Niveaustufen durchzieht. Wir denken, dass ähnlich wie beim Futsal, die Veränderungen nur schwer oder zumindest nur kurzfristig durch Regeländerungen „von oben“ durchzusetzen sind. Denn jede Änderung verändert auch das Spiel und kann von den Trainern dann auf die ein oder andere Weise umgangen werden. Ein Beispiel: Wenn der Torwart den Ball nicht mehr über die Mittellinie werfen oder schießen darf, dann ist die Mannschaft zwar gezwungen kurz raus zu spielen und fußballerische Lösungen zu finden. ABER: Die gegnerische Mannschaft weiß das natürlich und wird dann alle Spieler in der eigenen Hälfte zustellen sodass gerade für jüngere Mannschaften rausspielen extrem schwer wird.

Wir denken, dass die einzige nachhaltige Lösung nur über ein Umdenken der Trainer gehen kann. Diese müssen von den Vereinen, vom DFB und vom BFV geschult werden ausbildungsorientiert zu trainieren und spielen zu lassen.

Das bedeutet auf den R.A.E. bezogen:

  • Ausbildung steht immer vor dem Ergebnis (Druck machen sich die Jungs sowieso schon genug, gewinnen wollen alle. Da muss der Trainer diesen von außen nicht noch erhöhen)
  • ALLE Kinder spielen gleich viel, egal ob groß oder klein, technisch gut oder nicht. Nur so können sich alle gleich entwickeln
  • Rotationsprinzip (alle spielen alle Positionen), kleine Kader (viel Spielzeit)
  • Fehler sind erlaubt (und sogar gefordert, denn wer mutig ist, macht automatisch auch Fehler)
  • Trainer müssen vom „gegeneinander“ am Spieltag weg zu einem „Miteinander“ kommen, das die Ausbildung und Entwicklung der Spieler an die erste Stelle setzt
  • Gewinnen wollen wir natürlich immer, aber nicht um jeden Preis!

Wenn alle Trainer diese Grundsätze berücksichtigen würden, könnten sich ALLE Kinder in einer positiven Lernatmosphäre entwickeln. Und das ist doch eigentlich was wir alle für unsere Kinder wollen, oder?

Herzliche Grüße

Michael Schuppke

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