Schnell im Kopf und in den Füßen – Warum der Fußball ein ganzheitliches Schnelligkeits- und Koordinationstraining erfordert

Schnelligkeitstraining ist für Fußballer von zentraler Bedeutung. Die Schnelligkeit im modernen Fußball hat in den letzten Jahren einen immer größeren Stellenwert eingenommen. Wer dachte, dass es mit flinken Angreifern oder Flügelspielern getan ist, hat sich geirrt. Um mit den durchweg schnellen Flügelspielern mithalten zu können, braucht eine gute Mannschaft heute auch schnelle Außenverteidiger. Die Innenverteidiger sollten im idealen Fall nicht nur groß sein, sondern auch gegen die schnellen Dribbler im Zentrum bestens vorbereitet sein. Aus demselben Grund müssen die Sechser ebenso über sehr schnelle Beine verfügen wie der 10er, der sich gegen die immer besser  organisierten Defensivteile einer Mannschaft auch mal mit einem schnellen Antritt den nötigen freien Raum verschaffen muss. Kurzum: Schnelligkeit braucht man heutzutage auf jeder Position. Sogar als Torwart, der immer öfter zum Sprint ansetzen muss, wenn der Gegner einen langen Ball hinter die aufgerückte Viererkette spielt und der Torwart den Ball ablaufen muss.

Nun eine schlechte Nachricht: Die Grundschnelligkeit ist jedem von uns angeboren. Sie wird vom Verhältnis der weißen (schnellen) und roten (langsamen) Muskelfasern im Körper bestimmt. Während sich der Anteil der roten Muskulatur durch Training erhöhen lässt, ist eine Umwandlung von roter zu weißer Muskulatur kaum möglich. Mit anderen Worten: Wir können aus einem – von Natur aus – langsamen Spieler keine Rakete machen.

Die gute Nachricht lautet jedoch: Schnelligkeit ist im Fußball sehr viel mehr, als nur die Fähigkeit auf einer Linie in kürzest möglicher Zeit von A nach B zu gelangen. Fußballer müssen auf dem Platz binnen Sekunden auf – meist optische – Signale reagieren können. Sie müssen über einen explosiven Antritt verfügen. Sie müssen innerhalb kurzer Zeit maximale Geschwindigkeit realisieren können. Sie müssen ihre Höchstgeschwindigkeit wieder und wieder über einen längeren Zeitraum abrufen können und – besonders wichtig – sie müssen ihre Geschwindigkeit auch am und mit dem Ball umsetzen können. Geschwindigkeit ohne Ball ist im Fußball relativ nutzlos. Ansonsten hätte Manchester United sicher sofort dem Wunsch Usain Bolts entsprochen, der vor Jahren äußerte, es gerne mal beim englischen Rekordchampion als Fußballer zu versuchen.

Das Thema Schnelligkeit ist im Fußball eng mit den Themen Technik und Koordination verbunden. Je schneller ein Spieler ist, desto besser und vielseitiger ausgeprägt muss seine Technik sein. Einen Ball im Vollsprint anzunehmen ist nun einmal ungleich schwerer als im Stand oder aus einer langsamen Bewegung heraus. Sprints im Fußball sind außerdem selten gradlinig, sondern geprägt von Richtungsänderungen, Wenden, Abbremsen, erneutem Beschleunigen oder von Zweikämpfen. Das erfordert außerordentliche koordinative Fähigkeiten. Zumal wenn auch dabei der Ball mit im Spiel ist.

Indem ein Spieler, der von der angeborenen Grundschnelligkeit eher langsam ist, konsequent an seiner Explosivität, seinem Antritt, seinem Reaktionsvermögen und an seiner Technik arbeitet, kann er seinen Schnelligkeitsnachteil zumindest ein wenig wieder wettmachen. Und genau das versuchen wir in der Münchner Fussball Schule in unserem Training zu erreichen.

Schnelligkeitstraining ist durch den hohen Anteil an Koordinationselementen wie Stangensprünge, Skippings, Tapschritte  oder Prellhopserläufe ständiger Bestandteil unseres Trainings. Bereits bei Kindern ab sechs Jahren lässt sich beispielsweise die Reaktionsschnelligkeit wunderbar entwickeln. Die Frequenzschnelligkeit, also die Fähigkeit möglichst hoch getaktete Bewegungen am Stück absolvieren zu können, ist bei Kindern ab sechs Jahren ebenfalls bereits vorhanden. Immer aufwendiger werdende Schritt- und Sprungfolgen durch eine Koordinationsleiter oder kleine Hürden verlangen den Kindern alles ab, bringen jedoch sehr viel. Im Bereich Koordination erzielen Kinder in jungen Jahren die größten Lernzuwächse. Gut für uns, denn je besser die Koordination eines Kindes wird, desto schneller werden all seine Aktionen am Ball, also Ballan- und -mitnahmen, Wenden, das Eindrehen und das Zurückziehen verbessert. Die Bewegungen der Kinder werden insgesamt flüssiger und geschmeidiger, wodurch sie gegenüber koordinativ weniger gut trainierten Kindern in jeder Aktion mit Ball wertvolle Sekunden Vorsprung gewinnen können. Je größer die koordinativen Fähigkeiten eines Kindes entwickelt sind, desto weniger Geschwindigkeit wird es zudem verlieren, wenn es später durch Wachstumsprozesse körperlich aus der Bahn gerät, da sich vielleicht Beine, Rumpf und Arme unterschiedlich entwickelt haben und sich der Körperschwerpunkt ungünstig verschoben hat.

Auch der Wille, mit und ohne Ball höchste Geschwindigkeit zu gehen, lässt sich bereits von Klein auf schulen. Hier ist der Trainer gefordert, der seine Kinder gerade bei Schnelligkeitsübungen immer wieder anfeuern muss, alles aus sich herauszuholen. Wettbewerbe unterstützen auch hier die Motivation der Kinder. Treten zwei Gruppen gegeneinander an, erhält stets diejenige Gruppe einen Punkt, deren Ball als erstes im Tor landet. Kitzeln wir als Trainer die Höchstgeschwindigkeit nicht aus den Kindern heraus, werden sie mit der Zeit insgesamt langsamer selbst, wenn sie topfit sind. Der Körper merkt sich nämlich das niedrigere Schnelligkeitsniveau und speichert es ab. Wenn wir Schnelligkeit trainieren, müssen wir daher immer versuchen bis an die Grenze zu gehen.

Das Schnelligkeitstraining ab dem frühen Alter wird nicht dazu führen, dass Sechsjährige in einem 20-Meter-Sprint eine Sekunde gewinnen. Solche Effekte werden Sie frühestens bei Neunjährigen erleben. Die normale körperliche Entwicklung macht uns diesbezüglich in den ganz frühen Fußballerjahren einen strick durch die Rechnung. Das Schnelligkeitstraining in jungen Jahren führt jedoch dazu, dass sich die gesamte Dynamik der Kinder verbessert, ebenso ihre Körperspannung. Die Muskulatur der Kinder reagiert beispielsweise extrem gut auf Reaktivsprünge, also zum Beispiel Sprünge von einem Hocker auf einen anderen mit einer maximal kurzen Bodenkontaktzeit. Die Schnellkraft der Kinder wird dadurch enorm erhöht.

Großen Einfluss auf die Schnelligkeit eines Spielers hat auch sein Reaktionsvermögen. Je schneller ein Spieler eine Situation auf dem Platz erfassen und eine bestimmte Lösung parat hat, also eine Bewegung abrufen kann, desto dominanter ist sein Spiel. Auch das Reaktionsvermögen lässt sich trainieren. In jede Übung, in der die Kinder beispielsweise vor einen Torabschluss einen Trick machen, können Sie ganz leicht ein Reaktionstraining einbauen. Vereinbaren Sie mit den Kindern dafür zwei Tricks, beispielsweise einen Übersteiger und eine Schussfinte und weisen Sie jedem Trick die Farbe eines Leibchens zu. Die Kinder können die Übung nun nicht mehr nur nach Schema F durchlaufen. Sie lernen quasi nicht mehr nur auswendig. Sie müssen wachsam sein, damit sie innerhalb der Übung auf Ihr Signal reagieren können, um den entsprechenden Trick auszuführen,  je nachdem, welches Leibchen Sie als Trainer vor dem Torabschluss in die Höhe halten. Gerade am Anfang ist das eine extrem anspruchsvolle Aufgabe für die Kinder. Ein solches Reaktionstraining macht daher nur Sinn, wenn die technischen Elemente bereits richtig gut sitzen und die Kinder von der Ballkontrolle nicht beansprucht und abgelenkt werden. Statt eines Tricks können sie von den Kindern auch eine unterschiedliche Schusstechnik oder eine Koordinationsaufgabe einfordern (z.B. Sidesteps und Tapschritte) einfordern, je nachdem, wo Sie gerade in Ihrem Training stehen.

Handlungsschnelligkeit, ebenfalls eine wichtige Fähigkeit für einen Fußballer, fördern Sie beispielsweise, indem Sie die Kinder nach einer Ballannahme „zwingen“ innerhalb von drei Sekunden den Torabschluss zu suchen. Sobald das Kind den Ball angenommen hat, zählen Sie laut herunter „Drei … Zwei … Eins … Schuss“. Einen solchen Countdown können die Kinder als Zielvorgabe sehr viel besser verarbeiten, als die bloße Ansage nach der Ballannahme doch bitteschön so schnell wie möglich abzuschießen. Auch hier gilt: Wenn Sie Handlungsschnelligkeit trainieren, sollten Sie das nur mit technischen Elementen machen, die die Kinder beherrschen. Ein gerade erst einstudierter Trick oder eine gerade erst gelernte Ballmitnahme eignet sich fürs Schnelligkeitstraining nicht, da die Kinder noch viel zu sehr mit der Technik beschäftigt sind.

Ein gutes Training!

Euer Michi

 

 

2 Gedanken zu „Schnell im Kopf und in den Füßen – Warum der Fußball ein ganzheitliches Schnelligkeits- und Koordinationstraining erfordert

  1. Stanisic Damir

    Suche für meinen Sohn ,einen Trainer für 1 mal pro Woche für Training ,
    Hauptsächlich für Geschwindigkeit.
    Er ist 16 Jahre alt und gespielt hat er, für 1860 München von U10 bis U 15 ,
    jetzt spielt er in FFB.

    Wenn Sie für mich einen Trainer in München nennen könnten.

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