Kommentar zu: „Ist die Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten ausreichend? „

Vor einem Monat haben wir bei Youtube ein Video veröffentlicht zum Thema „Ist die Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten ausreichend?“. Wer das noch nicht gesehen hat, kann es hier nachholen.
Die Reaktionen darauf waren grundsätzlich positiv. Es gab aber auch Kritik. Eine davon haben wir unter dem Video ganz oben angepinnt.

Und der User „Eike“ hat Recht: Eine U19 besteht aus zwei Jahrgängen. Somit kommen pro Jahr nicht 20 Spieler aus jedem NLZ, sondern „nur“ ca 10 im Herrenbereich an. Unsere Hauptkritik bleibt aber bestehen: Für die Menge an Spielern gibt es pro Jahrgang zu wenige, die den Sprung in die Profiteams oder sogar zum Weltstar schaffen.

Vergleich mit England und Frankreich.

Wenn man sich exemplarisch mal andere Länder ansieht, dann fällt auf: Dort läuft es deutlich besser! In England zum Beispiel spielen in jedem der Topteams mindestens ein, manchmal sogar zwei oder drei U21 berechtigte Spieler. Mason Mount und Reece James (Chelsea), Phil Foden (Manchester City), Alexander-Arnold und Curtis Jones (FC Liverpool) oder Mason Greenwood und Marcus Rashford (Manchster United) sind nur einige Beispiele. Und bei uns? Die besten U21 Spieler bei unseren Top-Clubs sind Jadon Sancho und Jude Bellingham…
Ähnlich schlecht schneiden wir beim Vergleich mit den Franzosen ab. Stefan Kuntz, immerhin U21 Europameister-Trainer, rechnet im Kicker-Interview vor, dass in der Rangliste der Marktwerte bei den U21-Innenverteidigern 12 Franzosen vor dem ersten Deutschen kommen. Und dieser Deutsche ist Armel Bella Kotchap, spielt beim VFL Bochum und ist geboren wo? In Paris…
Das sind natürlich nur exemplarische Beispiele, die aber das krasse Missverhältnis im Output der Nachwuchsarbeit dieser drei Länder zeigen.

Auf der Suche nach Gründen

Wir hatten ja im Video auch angemerkt, dass wir die Gründe für diese Situation ansprechen wollen. Das kann natürlich immer nur exemplarisch passieren, aber dennoch gibt es bestimmte Punkte, die auffällig sind.
Einen davon hat Lothar Matthäus schon vor dem Ungarn-Spiel im Kicker Interview angesprochen. Angesprochen auf Kai Havertz lobt er dessen außergewöhnliche Fähigkeiten, merkte aber an „Er könnte noch mehr Tore machen und sich in den kurzen Bewegungen mit Spezialtraining verbessern“. Jetzt kann man beim Beispiel Havertz über diese Aussage streiten, aber wir sind froh, dass Matthäus einen ganz wichtigen Punkt angesprochen hat: In Deutschland wird, von der Jugend bis zu den Profis, viel zu wenig individuell trainiert. Ein anderer Nationalspieler, bei dem das noch deutlicher wird ist Timo Werner. Dieser hat herausragende Qualitäten bei der Geschwindigkeit. Und wenn er im hohen Tempo auf einen Gegenspieler zuläuft ist er auch in der Lage mit einer Körpertäuschung diesen auszuspielen. Er hat aber Probleme damit aus dem Stand Tempo aufzunehmen. Das nicht gegebene Tor von Mbappe im ersten Gruppenspiel gegen Deutschland, solche Treffer kann ein Werner einfach nicht erzielen, weil ihm dazu die Fähigkeiten fehlen. Mit Individualtraining könnte an dieser Schwäche effektiv gearbeitet werden.
Ein anderes Beispiel ist Arjen Robben. Ein großer Fußballer, ohne Frage. Aber was wäre, wenn zusätzlich zu seiner klassischen Bewegung (von rechts in die Mitte ziehen und mit links abschließen), jemand mit ihm im Individualtraining immer und immer wieder die Bewegung außen vorbei gehen und mit rechts flanken trainiert hätte?

Wie gesagt, das ist nur ein Aspekt, warum Deutschland den anderen Nationen was die Ausbildung angeht so hinterherhinkt.
Wie seht ihr das? Liegen wir mit der Analyse richtig? Und was seht ihr für Gründe die wir noch gar nicht bedacht haben? Oder ist vielleicht alles gar nicht so schlimm?

Eine gute Fußballzeit

Michael Schuppke

2 Gedanken zu „Kommentar zu: „Ist die Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten ausreichend? „

  1. Thomas Ackermann

    Hallo Michi,
    Timo Werner völlig richtig erkannt. Das liegt aber in der Natur der Sache des VfB Stuttgart den ich als Fan auch im Nachwuchsumfeld seit Jahrzenhten beobachte da vor der Haustüre. Timo Werner war von Anfang an in seinen Alterklassen den Mitspielern in Sachen Schnelligkeit überlegen. Also hat man ihn immer mit Tempo aufs Tor geschickt, konnte so die Ergebnisse für sich passend gestalten. Kurzum die eine Fähigkeit die er hatte gewinnbringend eingesetzt. Man hätte ihm allerdings U8-U18 noch andere Dinge beibringen sollen. Zeit wäre genug gewesen. Daher war er auch gegen die Ungaren nutzlos. Ohne den Raum Fahrt aufzunehmen wird es für Ihn leider schwer.

    DIe NLzs müssen endlich mal mehr Ausbildungscharakter an den Tag legen und weg von den Ergebnissen. Ansonsten gilt Hermann Gerlands Spruch: Üben Üben Üben.

    Antworten
  2. Robert Bühl

    Hallo,
    ich bin ganz eurer Meinung, dass in Deutschland vor allem die individuelle Ausbildung der Spieler fehlt. Die Strukturen der NLZ und die Voraussetzungen sind optimal, leider fehlt er aber an entsprechend ausgebildeten Trainern. Diese setzen zu viel Hauptaugenmerk auf taktische Dinge. Ich filme für „die Ligen“ viele Jugend-BL und Oberliga-Spiele, da ist dies deutlich zu erkennen. Taltische Ausbildung top, individuelle Entwicklung ein flop. Die Spieler werden zu sehr auf das Passspiel getrimmt.
    Fängt ein Spieler an zu dribbeln, kommt sofort das Veto des Trainings oder er wird sogar ausgewechselt.
    Ansatzpunkte sind also zum einen die Trainer-Ausbildung. Dann fehlen passende Trainer die den Ansatz des Individualtrainings unterstützen und auch anwenden. Es muss von klein auf individuell die Schwächen minimiert und die Stärken der Spieler gestärkt werden.
    Gutes Passspiel ist zwar heutzutage auch sehr wichtig, beim Wechsel vom Passspiel zu Einzelaktionen sind uns aber andere Nationen deutlich voraus. Aber genau dies ist heutzutage notwendig um die sehr kompakten Abwehrreihen zu überwinden.
    Ich selbst werde kommende Saison im Mädchenbereich beim Frauen-Bundesligisten SC Sand die neu geschaffene Stelle als Individualtrainer beginnen. Aber es war äußerst schwer die Verantwortlichen von der Notwendigkeit zu überzeugen. Weiteres Problem wird sein, die Mannschaftstrainer davon zu überzeugen.
    Aber schau mer mal…
    viele Grüße
    Robert

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert