Vincenzo Grifo und die Bolzplatzmentalität

Wenn man sich Diskussionen um die Zukunft des deutschen Fußballs und im Speziellen die Nachwuchsausbildung anhört, kommt man an einem Begriff heute nicht mehr vorbei – Bolzplatzmentalität. Kaum ein Experte oder Verband der da nicht aufspringt und anprangert, man müsse diese Mentalität bei den jungen Kickern wieder mehr fördern. Ganz aktuell hat jetzt der Kicker ein Interview mit Vincenzo Grifo vom SC Freiburg veröffentlicht indem dieser von seiner Kindheit und Jugend auf dem Bolzplatz erzählt. Warum die Forderung nach mehr Bolzplatzmentalität eigentlich richtig ist, aber leider komplett falsch umgesetzt wird haben wir in einem früheren Artikel bereits beschrieben. Hier wollen wir dies nochmal anhand des Kickerartikels „Vincenzo Grifo und der Bolzplatz: „Meine Mutter und mein Vater haben gesagt: Junge, spinnst du eigentlich?““ darlegen.

Zunächst erzählt Grifo davon, dass jeden Mannschaft Spieler braucht, die den Unterschied machen können, die also das Besondere haben. Das ist absolut richtig. Genau das soll ja mit der vielzitierten „Bolzplatzmentalität“ wieder mehr erreicht werden. Grifo erzählt, wie er früher jede freie Minute auf dem Bolzplatz verbracht hat, ja sogar vor Spielen am Samstag erstmal noch 2 Stunden mit Kumpels beim Kicken war. Das ist einer der positiven Nebeneffekte: man wird physisch und auch mental durchsetzungsfähiger.

Grifo sagt zurecht, er wäre heute ein anderer Spieler, wenn er bereits in jungen Jahren in ein NLZ zum KSC, VfB oder nach Hoffenheim gegangen wäre. Mit seinen 19 Jahren war er, also er diesen Schritt dann gegangen ist, ein fertiger Spieler, dem man seinen Spielstil so nicht mehr abtrainieren konnte. In den NLZ’s haben die Spieler eben wenig bis gar keine Freiheit sich auszuprobieren oder mal „das Besondere“ zu versuchen. Man erinnere sich nur an das, zugegeben, etwas überspitzte Zitat von Mehmet Scholl mit dem „Rückwärtslaufen und Furzen“:

Die Entwicklung von Grifo ist toll und in der Tat ist er einer dieser „Unterschiedsspieler“ die überall gefordert werden. Dennoch machen Vereine und Verbände einen gewaltigen Fehler:
Bolzplatzmentalität heißt nicht in erster Linie die Kinder „einfach spielen lassen“. Das wichtigste und der Hauptgrund, warum wir uns damals technisch so gut entwickelt haben waren hunderte, gar tausende Wiederholungen! Nur das ist heute so leider nicht mehr möglich. Der Alltag der Kinder heute ist durchgetaktet. Zwischen Schule, zwei-drei Hobbys und Alltagsstress bleibt wenig Zeit für den Kick mit Freunden. Außerdem gibt es auch immer weniger klassische Bolzplätze.
Das heißt also: Wir müssen dies in das Training übertragen. Und zwar nicht indem der Trainer daneben steht und die Kids einfach machen lässt. Zunächst muss er Übungen mit hohen Wiederholungszahlen ins Training einbauen. 12 Kinder stehen in einer Reihe und schießen nacheinander aufs Tor? Verboten!!
Außerdem ist es wichtig, dass der Trainer sogar viel coacht! Und zwar nicht, wie man es häufig hört mit Sätzen wie: „Lass das Getrickse!“, „Spiel doch früher ab!“ oder „Hör auf mit der Egonummer!“. Wir müssen die Kinder dazu ermutigen auch schwierige Tricks und Pässe auszuprobieren. Nur so bekommen wir die Bolzplatzmentalität auch in unser Training.

Ein Gedanke zu „Vincenzo Grifo und die Bolzplatzmentalität

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