Taktikanalyse FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach

Es läuft nicht rund beim FC Bayern. Nachdem der Start in die neue Bundesliga Saison zunächst erfolgreich war und viele sich auf eine nächste „Bayern-Saison“ einstellten, konnten die Bayern in den letzten vier Spielen nicht überzeugen und verloren als vorläufigen Höhepunkt am Samstag zu Hause mit 0:3 gegen Mönchengladbach. Das Spiel erinnert dabei ein wenig an das der deutschen Nationalmannschaft bei der WM. Viel Ballbesitz, aber kaum gefährliche Torchancen. Woran liegt das? Dazu schauen wir uns mal das Spiel gegen Gladbach näher an.

Die Aufstellung ist zunächst mal mit ein Grund, warum Gegentore passieren und Torchancen ausbleiben. Das Hauptproblem am Samstag war unserer Meinung nach eine Fehlbesetzung des Mittelfeldes und die damit fehlende Stabilität in der Defensive, durch welche dann auch die Offensive leiden musste. Thiago wurde als 6er aufgestellt. Eigentlich ist Thiago mit seiner Art zu spielen und mit seinen technischen Fähigkeiten ein klassischer 10er oder 8er. Das bedeutet, er ist es gewohnt, sich mit Risiko bei Ballbesitz nach vorne zu drehen, um die Offensiven in Position zu bringen.

Beim Gegentor nach seinem Ballverlust passiert genau das. Ein gelernter 6er hätte sich hier besser vororientiert und geht dieses Risiko wahrscheinlich erst gar nicht ein. Bei solchen Ballverlusten fehlen dann zudem die Aggressivität und nötige Zweikampfstärke, um diese Ballverluste wettzumachen.

Es fehlt somit auch an einer notwendigen Balance im Mittelfeld. Thiago, der sich wie erwähnt gefährlich und überraschend im Zentrum nach vorne drehen kann, fehlt auf der 10. Umgekehrt fehlt in der Defensive der pflichtbewusste Abräumer, der für die wichtige defensive Stabilität sorgt und kaum aus dem Zentrum weicht und außerdem stets die Defensive vorbereitet. Thomas Müller ist eher ein Spieler der in die Tiefe geht und Bälle hinter der Abwehr fordert und nicht der, der sie in die Tiefe spielt. Auf der 8 geht er viel zu selten in die Tiefe und so nimmt man ihm seine größte Stärke. Sein Selbstbewusstsein scheint darunter ebenfalls zu leiden. Er spielt zu viele Fehlpässe oder schlampige Bälle zu seinen Mitspielern, was man von ihm nicht gewohnt ist.

Ähnliches gilt für Leon Goretzka. Er ist vom Spielertypus her eher ein 6er oder 8er. Seine Stärke ist nicht die Feintechnik, was aber auf dieser Position Grundvoraussetzung ist, um erfolgreich zu sein. Die Gegner verteidigen einfach zu gut. Da geht es mittlerweile um noch mehr Kleinigkeiten und Details wie noch vor drei bis vier Jahren.

Daher benötigt man im Zentrum auf der 6 einen Martínez, auf der 8 einen Thiago und auf der 10 einen Müller. Gegen starke Gegner vielleicht einen zweiten starken 6er mit Goretzka und nur einer 10.

Auch James, der am Samstag auf links startete, ist kein wirklicher Flügelspieler sondern eine reine 10. Für die Flügelposition fehlt hier klar das Tempo und seine Stärken liegen in der Torvorbereitung und spielen von Bällen in die Tiefe. Auch Chipbälle und Flanken sind seine Spezialität, aber sicher nicht das 1 gegen 1 am Flügel, für welches es eben v.a. enorm viel Speed braucht.

Fazit Nummer 1: Es spielen zu wenige Spieler auf Ihren gelernten Positionen. Somit geht nach Vorne auch kaum etwas.

Der zweite, rein taktische Grund liegt darin, dass viel zu wenig hinter die Kette des Gegners gelaufen wird. Wenn z.B James  am Flügel den Ball hat, muss einer der 10er, 8er oder Flügelspieler der anderen Seite oder auch Alaba hinter die Kette in die Tiefe laufen. Somit zieht man den Innenverteidiger des Gegners aus dem Zentrum. Zusätzlich entsteht dadurch im Zentrum ein Loch. Hier müsste sich der nächste Spieler anbieten.

Es fehlt z.B. auch das Überladen einer Seite, um Überzahl zu schaffen und gleichzeitig intensives Gegenpressing spielen zu können. Ohne das Laufen in die Tiefe und ohne das Überzahlschaffen am Flügel bleibt der Gegner geordnet und kann sämtliche Räume schließen. Und genau das ist der Grund, warum dann eben kaum Torchancen entstehen und man „nicht in die gefährlichen Räume kommt“, wie es Mats Hummels nach dem Spiel formulierte. Das ist genau das, was sich dann dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der WM gleicht. Viel Ballbesitz, alles wirkt so statisch, so behäbig. Die Gründe haben wir oben erläutert.

Und noch was vermissen wir: es ist das konsequente Pressing und Forechecking. Beim ersten Gegentor ist Bayern total passiv und setzt den Gegner null unter Druck. Dadurch entstehen durch Passivität gefährliche Situationen. Der Gegner darf aber gegen Bayern München keine Entlastung bekommen. Er muss dauerhaft einem hohen Druck ausgesetzt sein.

Um es mit einem Augenzwinker zu sagen: unserer Meinung nach fehlt dem Spiel neben einer besseren Aufstellung, einer optimierten taktischen offensiven Ausrichtung auch EIN WENIG PEP!

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Zusammenfassend sagen wir:
1. Spezialisten zurück auf Ihre gelernten Positionen.

  • Flügel sind: Ribery, Robben, Coman, Gnabry
    James und Thiago sind 10er und eventuell 8er
    Müller ist eine 10!!!
    Martínez ist eine 6
    Goretzka ist eine 6 oder 8

2. Läufe hinter die Abwehr sind Pflicht für alle offensiven Spieler.
3. Schaffen von Überzahl am Flügel, um offensiv für mehr Unruhe zu sorgen und um ein intensives Gegenpressing spielen zu können.
4. Konsequentes Pressing und Forechecking bei gegnerischem Ballgewinn

Wir sind gespannt auf die kommenden Spiele. Stand jetzt ist Bayern gut schlagbar, da hat Christoph Kramer (leider) recht.

Eine gute Fußballzeit!

Euer David Niedermeier

3 Gedanken zu „Taktikanalyse FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach

  1. Oliver

    Moin!
    Also schön, dass ihr versucht das Spiel auf dieser Ebene auseinander zu nehmen.
    Allein kann man bzgl der Spielertypen und des Einsatzes der Spieler auch ander Meinung sein 😉
    Bzgl des Gegentores bei Ballverlust bin ich aber völlig anderer Meinung. Das hat nix mit der Position zu tun. Da geht es um Vororientierung und Spielaufbau/Fortsetzung.
    Manuell Neuer macht häufig das Spiel schnell um den ungeordneten Zustand des Gegners zu nutzen (so hat Bayern zb auch schon Tore in der CL kassiert). Das muss ich aber als Spieler wissen und direkt bereit und anspielbar sein. Das war Thiago aber in dieser Situation nicht. Er hatte abgeschaltet. Hier ist es dann ganz klar eine Kommunikation zwischen Neuer und Thiago.
    VG
    Oliver

    Antworten
    1. fc bayern fan

      gut erkannt und erklärt hoffe die verantwortlichen sehen das genau so! da muss doch dann auch mal geld ausgegeben werden.

      Antworten
  2. Manuel

    Morgen,

    sehr gut analysiert, dass sich ein Thiago dann wie ein E-jugendlicher blind in den Mann dreht, liegt natürlich an den fehlenenden Automatismen bei ihm auf dieser Position in Kombination mit Hektik.

    Insgesamt scheint mir Kovac aber eher aus Verzweiflung auf derartige Positionsexperimente zurückzugreifen. Durch die Dünne des Kaders auf einigen Positionen fehlt es an Alternativen und Konkurrenz, was bei einigen Spielern zu einem weniger an intrinsischem ‚Pep‘ zu führen scheint. Das gepaart mit Verletzungspech und Egomanie würde jedes Team der Welt zum Einsturz bringen.
    Vg
    Manu

    Antworten

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