Scouting im Jugendfußball – Teil 2

In unserem letzten Blog haben wir uns mit der Frage auseinandergesetzt, welche „Regeln“ es für das Ansprechen von Kindern und Jugendlichen für Scouts geben sollte. Wir haben uns überlegt, was sinnvolle Rahmenbedingungen sind, damit alle Seiten davon profitieren können. Es bleibt aber die Frage, macht Scouting im Jugendfußball überhaupt Sinn? Und wenn ja, ab welcher Altersklasse sollte es stattfinden? Oder sollte es bis zu den Bambinis dafür keinerlei Grenzen geben? Mit diesen Fragen wollen wir und im Folgenden auseinandersetzen.

Ich denke wir sind uns zum Großteil einig, dass es falsch ist 5-Jährige zu Scouten und aus ihrem gewohnten Umfeld zu reisen um in einem größeren Verein spielen zu können. Doch ab welchem Alter macht es Sinn? Blickt man auf die NLZs in Deutschland, dann beantworten diese die Frage relativ deutlich: Spätestens mit 8 Jahren wird dort bei den Meisten gescoutet. RB Salzburg hat sogar eine U7 am Start (Jahrgang 2013!). 

Aus verschiedenen Gründen finden wir das deutlich zu früh! Die Wahrscheinlichkeit für einen Spieler aus dem Grundlagenbereich (U9-U11) das ganze NLZ bis zur U19 zu durchlaufen ist fast gleich Null. Das bedeutet, dass die Jungs früher oder später mit der Enttäuschung leben müssen es nicht geschafft zu haben. Ihnen wird dann gesagt (und wir waren schon vielfach in solchen Gesprächen dabei), dass sie zu schlecht sind und es nicht schaffen werden. Das kann die Psyche (vor allem eines jungen Spielers) massiv beschädigen. Wir wissen von nicht wenigen Spielern, die nachdem sie ein NLZ nicht mehr wollte, komplett mit dem Fußballspielen aufgehört haben. 

Dazu kommt der extreme Aufwand, der für das Spielen in einem NLZ Verein aufgewendet werden muss. Die Kinder sind (vor allem im Winter, Stichwort: Hallenturniere) oft das gesamte Wochenende unterwegs. Sie fahren dann von Freitagmittag (selbstverständlich mit Schulbefreiung) bis Sonntagabend auf ein Turnier z.B. in Berlin, wo es insgesamt eine Spielzeit von 90 Minuten pro Mannschaft gibt, von denen der einzelne Spieler dann ca 45 Minuten bestreiten darf. Sicherlich ist das eine tolle Erfahrung. Aber macht es ausbildungstechnisch Sinn ein ganzes Wochenende zu „verbraten“ für 45 Minuten Spielzeit? Dazu kommen die Trainings unter der Woche (mindestens 3-mal) die mit Anfahrt gerne mal insgesamt 4-5 Stunden in Anspruch nehmen. Geschwisterkinder müssen da übrigens zwangsläufig auf der Strecke bleiben.

Der entscheidende Punkt ist für uns, dass die Kinder zusätzlich zum zeitlichen Aufwand (der in keinem Verhältnis zum fußballerischen Ertrag, also zur fußballerischen Entwicklung steht), ihr soziales Umfeld komplett zurücklassen. Neben vollen Wochenenden und den Trainingseinheiten bleibt nicht mehr viel Zeit übrig. Diese muss dann im Zweifel mit Schularbeiten und Lernen gefüllt werden, sodass Freunde und Familie komplett auf der Strecke bleiben. Der beste Freund feiert Geburtstag und es ist am gleichen Tag ein Training? Pech gehabt! Fußball geht dann immer vor. Ansonsten ist man schneller raus als man kucken kann, denn das nächste „Talent“ steht schon in den Startlöchern. 

Was wären also sinnvolle Lösungen? Wir sagen: NLZ Teams erst ab der C-Jugend! Lasst die Kinder vorher in ihren Heimatvereinen und bietet ein wöchentliches Fördertraining an, bei dem die Kinder bereits individuell weiterentwickelt werden. Man kann z.B. Kooperationen mit Partnervereinen schließen die bei Kindern, die weiter weg wohnen, für einen leistungsorientierte Ausbildung sorgen können. Die TSG Hoffenheim geht hier z.B. einen interessanten Weg. Feste Mannschaften gibt es dort erst ab der U13. Davor haben sie bei der TSG nur Förderkader, die einmal die Woche gemeinsam trainieren und sonst in ihren Heimatvereinen, also in ihrem gewohnten Umfeld, bleiben. Und an den Wochenenden? Natürlich kann man vereinzelt solche „Highlight-Turniere“ spielen. Aber diese sollten das eben dann auch sein, ein Highlight! Und nicht die Regel. Besser wäre es dann, ähnlich unserer MFS-Ausbildungsliga, sich immer wieder 2-3 andere Mannschaften einzuladen und mit diesen dann einen Hallenleistungsvergleich zu spielen. Aufwand dabei: 3-4 Stunden. Spielzeit für jeden Spieler: ca 90 Minuten. 

Herzliche Grüße

Michael Schuppke

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