„Kognitive Prozesse muss man schulen.“

„Es gibt immer mehr Zeitdruck und engere Räume. Wir brauchen Spieler, die wir im kognitiven Bereich ausbilden. Wer handelt unter diesem Zeitdruck? Wer hat diese Handlungsschnelligkeit? Kognitive Prozesse muss man schulen.“
Das ist ein Zitat des Bundestrainers Joachim Löw. Gesagt hat er dies bei jener Pressekonferenz, auf welcher er auch die Entscheidung erklärt hat, warum Boateng, Hummels und Müller nicht mehr Teil der Nationalmannschaft sind. Dabei war es ihm ganz offensichtlich nochmal ein Anliegen, indirekt auf das schlechte Abschneiden bei der WM einzugehen und was sich seiner Meinung nach im Fußball ändern muss. Seiner Meinung nach wird im deutschen Ausbildungsfußball zu wenig für die Schulung im Kopf getan. Koginitive Prozesse sollen also nun verstärkt geschult werden. Wir brauchen handlungsschnelle Spieler.

Wir sind verwundert ob dieser Aussagen. Denn die Statements eines Bundestrainers haben natürlicherweise einigermaßen Gewicht und so besteht jetzt die Gefahr, dass dies so auch im großen Stil durchgeführt wird.

Aber wo haben denn die deutschen Spieler in der Bundesliga und damit auch in der Nationalmannschaft wirklich einen Nachteil den Engländern, Franzosen und Spaniern gegenüber? Doch wohl klar im technischen Bereich. Das haben ja auch viele Entscheidungsträger und wichtige Personen selbst beim DFB ja schon mehrfach betont: Uns fehlen Spieler, die sich durch ein kreatives 1 gegen 1 und durch eine perfekte Ballbeherrschung auszeichnen. Wenn diese Spieler dann auch noch schnell sind, umso besser.
Davon hat Löw aber in dieser öffentlichkeitswirksamen PK nichts erzählt.

Wenn nun also im Nachwuchstraining vermehrt kognitive Dinge trainiert werden, dann ist das ja schön und gut und hat natürlich auch seine Berechtigung. Aber wenn die Spieler nichts am Ball können, dann bringt das denen im Fußball leider auch nichts. Dann sind zwar alle handlungsschnell, treffen vielleicht auch dann die richtigen Entscheidungen in einem hohen Tempo. Aber sie führen dann ihre so schnellen Entscheidungen einfach nur schlecht und schlampig aus. Weil die alles entscheidende Basis dazu – eine möglichst saubere Technik – nicht ausreichend gelegt wurde! Weil zu viel Zeit für andere Dinge wie Kognitionstraining oder generelles Training ohne Ball im Ausbildungsbereich verwendet wurde.
Der kognitive Bereich ist ohne Frage auch im Fußball sinnvoll. Doch sollte dieser nur als Ergänzung zum Training und nicht als Ersatz dienen. Darüber haben wir erst vor kurzem einen Artikel geschrieben.
Die Spieler brauchen erst als Grundlage die technische Fähigkeit, einen Ball sauber verarbeiten zu können, um die von Löw angesprochene Handlungsschnelligkeit auch effektiv anzuwenden. Daher brauchen besonders die jungen Kicker ein perfektes Techniktraining, welches intensiv und detailliert sein muss. Und sie müssen zudem zwingend die Erlaubnis bekommen, die erlernte Technik auch in den Spielen anwenden und ausprobieren zu dürfen. Auch auf die Gefahr hin, dass dadurch zu Beginn Spiele verloren gehen. Das muss egal sein – auch im Nachwuchsleistungsbereich. Ist dieser Grundstein gesetzt und wird dem Rechnung getragen, dann kann über ein zusätzliches Training der koginitiven Fähigkeiten nachgedacht werden. Und bitte nicht umgekehrt!

Eine gute Fußballzeit!

Euer Michi

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