Gehört Life Kinetik auf den Fußballplatz?

Immer wieder sehe ich seit längerer Zeit Kinder und Jugendliche beim Fußballtraining, wie sie zum Beispiel zwei kleine Säckchen hochwerfen, über Kreuz fangen und dabei mit den Beinen auch überkreuzen. Stichwort Life Kinetik! Macht Life Kinetik Training im Fußballtraining Sinn? Sollen hierfür Trainingseinheiten verwendet werden? Eine kurze Einschätzung.

Was ist der Sinn bei Life Kinetik oder auch ähnlichen Programmen, die mittlerweile auf dem Fußballtrainingsmarkt angeboten werden? Vereinfacht zusammengefasst wird das Gehirn bei Life Kinetik durch koordinative und visuelle Aufgaben, die es normalerweise nicht macht, geschult. In der Ausführung wird eine Bewegung durchgeführt, während das Gehirn eine andere Aufgabe bekommt. Eine klassische Aufgabe wäre z.B., wie oben bereits erwähnt, zwei Bälle mit beiden Händen hochzuwerfen und über Kreuz aufzufangen.

Ziel der Life Kinetik ist eine höhere Kreativität, Konzentration und Handlungsschnelligkeit. Allgemein soll die Leistungsfähigkeit des Gehirns und in Folge dessen die des Fußballspiels verbessert werden.

Doch wie steht Life Kinetik im Zusammenhang zum Fußball? Eines ist klar: Ist das Gehirn wodurch auch immer leistungsfähiger, kann der Spieler durch eine schnellere Verarbeitung und Aufnahmefähigkeit schneller Spielsituationen erkennen und wahrnehmen. Doch wie viel davon passiert bei einem erfahrenen Spieler durch Routine und durch einstudierte Spielabläufe? Und bekommt er diese Routine durch Life Kinetik Training oder durch viel Training möglichst vieler technischer und taktischer Situationen? Und kann ich diese Gehirnleistung nicht besser im Koordinationstraining mit zwei oder drei technischen Anschlussaktionen mit verschiedenen Aufgaben genauso gut trainieren und verbessere dabei sogar noch meine Fußballtechnik, auf die es am Ende ja ankommt? Viele Fragen und genauso viele Meinungen dazu, das ist auch klar. Ich möchte hier jetzt kein Plädoyer auf das eine oder andere halten – es ist eine reine Philosophiefrage, wer was in welchen Umfängen trainiert.

Nur eines ist für mich völlig klar: Letztendlich kann Life Kinetik eine Ergänzung zum Fußballtraining sein, aber auf gar keinen Fall ein Ersatz! Es hat hilfreiche Inhalte, die aber nicht essentiell sind. Daher sollte Life Kinetik v.a. im Ausbildungsbereich nicht ein gesamtes oder halbes Training einnehmen, wenn die Mannschaft nur zwei- oder dreimal die Woche trainiert. Denn am Ende können die Kinder keinen Ball vernünftig annehmen oder sauber dribbeln oder wichtige Tricks effektiv einsetzen, wenn dies nicht intensiv über die Jahre hinweg trainiert wird. Wenn ich sehe, dass manche Jugendtrainer zwei Einheiten pro Monat dafür verwenden, dann halt ich das für falsch. Dann mögen die Gehirne schnell sein, aber die Technik ist unsauber. Und letzteres ist nun man der Kern des Fußballsports.

Daher: Life Kinetik muss das normale Training ergänzen und nicht ersetzen. Heißt: Man trifft sich mal eine halbe Stunde früher oder vereinbar dafür sogar einen extra Termin oder gibt den Kindern nach einer kleinen Einführung am Ende des Trainings Hausaufgaben mit auf den Weg. Dann kann das sinnvoll sein. Aber bitte nicht dafür 45 Minuten eines E-Jugendtrainings verschwenden!

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Eine gute Fußballzeit!

Euer Michi

8 Gedanken zu „Gehört Life Kinetik auf den Fußballplatz?

  1. Felix

    Servus Michi,

    für mich ist es das spannendste Thema im Jugendfußball. Ich finde es richtig gut, dass ihr da einen Artikel verfasst habt und würde gerne eure Meinung wissen:

    Was hältst du von einer Kombination aus Lifekinetik/Gehirntraining und Techniktraining zum Einstieg ins Training?

    Ich meine insbesondere Inhalte von Matthias Nowak.
    Hier mal ein Beispiel:
    1. 3 Finten mit je einem Buchstaben belegen (S=Finte 1; T= Finte 2; E= Finte 3)
    2. Vereinsnamen nennen („Schalke“) und die Buchstaben von links nach rechts abarbeiten und Finten schnellstmöglich in dieser Reihenfolge ausführen.

    Ich würde sagen, dass das Technik und Kognition kombiniert.

    Was haltet ihr von einem solchen Ansatz?

    Antworten
  2. Memo

    Moin in die Runde,
    also, wie Michi schon schrieb ist die Trainingszeit viel zu wertvoll um eine komplette Trainingseinheit nur Life Kenetik oder als festen Bestandteilzu verwenden . Im C-B-A Jugend Bereich könnte ich mir vorstellen doch mal eine Trainingszeit zu investieren.
    Zu meiner Person ich bin erst seit 1,5 jahren Trainer und habe keine Erfahrung mit Jugendlichen von 12-18 Jahren. Am Anfang habe ich viel experimentiert und für mich gilt in der E-Jugend die Balltechnik zu erlernen an erster Stelle.

    ich trainiere selber eine E-Jugend (2008) im 2 Jahr. Ich verwende 20 Minuten meines Trainings für die Ballschule und dort sehe ich Defizite die ich im Spiel bisher nicht gesehen habe. Und hier hole ich mir die Ideen für meine Trainingsschwerpunkte. Einige Jungs kicken schon seit 2-4 Jahren im Verein aber technisch ist die Bandbreite von mittel bis sehr grob.

    Kognetiv die Kids herauszufordern finde ich eine gute Ergänzung bei den Übungen und Spielformen, jedoch sollte es schnell umsetzbar sein ohne lange Erklärungen vom Trainer. Aber auch hier mach ich es sehr dosiert und das klassische Spiel Uno, Dos, tres ist ein guter Einstieg.

    Das ist mein Statement zu kognetiv und life-kinetik von G-D Jugend.
    Beste Grüße

    Antworten
    1. Michi Schuppke Beitragsautor

      Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich finde, dass auch im C-B-A Bereich nur dann eine Einheit dafür verwendet werden soll, wenn die Mannschaft entsprechend viele Traininsgeinheiten pro Woche hat. Wenn ein Team dreimal die Woche trainiert würde ich es nicht machen. Die normale Trainingszeit muss in andere Themen investiert werden. Gegen eine zusätzliche Extraeinheit ist dann natürlich nichts einzuwenden. Was anderes ist es im Leistungsbereich, wenn 4-5 Mal pro Woche trainiert wird. Hier kann man ab und zu gerne mal eine Einheit dafür hernehmen, sollte aber auch hier nicht jede Woche der Fall sein, sofern v.a. weiterhin technische, taktische oder auch athletische Defizite vorliegen.
      Viele Grüße
      Michi

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  3. Memo

    ich hab mal eine fachliche Frage Mich.
    Bisher habe ich jede Trainingseinheit unterschiedlich gemacht und es dauert bis die Jungs die Übung umsetzen. Ist es nicht besser eine Trainingseinheit über 2 Wochen mit dem gleichen Schwerpunkt und den Übungen zu machen, damit nicht viel Zeit für Erklärung vergeht oder Vorführung und man den Entwicklung besser einstufen kann? Wie handhabt ihr das?
    Beste Grüße,
    Memo

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  4. Heike

    Interessant, dass Life Kinetik ein Teil vom Fußballtraining sein muss. Der Sohn meiner Bekannten spielt jetzt in der Jugendmannschaft. Ich weiß nicht, ob er von „Life Kinetik“-Training etwas gehört hat, daher werde ich diesen Beitrag gerne mit ihm teilen.

    Antworten
  5. Kevin Haase

    Schöner Artikel. Nur etwas schade, dass Sie am Ende das Wort „verschwenden “ benutzen für eine Sache, die Sie bis dahin als sinnvoll erachten.
    Wenn sich durch die höhere Anzahl neuronale Verbindungen auch die Koordination verbessert, erfordert ein technisches Training eventuell auch eine kleinere Anzahl an Wiederholungen. Nicht viel kleiner, aber doch ein wenig.

    Zudem lassen sich das Training kognitiver Fähigkeiten auch wunderbar mit dem Training von Finten oder sonstigen fußballerischen Anforderungen kombinieren.

    Antworten
    1. Michi Schuppke Beitragsautor

      Vielen Dank für deinen Kommentar. Mit „verschwenden“ meinen wir, dass das Life Kinetik Training das Techniktraining ersetzt. Das halten wir für falsch. Wichtig ist eben, dass die Kinder zunächst einmal die Technik beherrschen, bevor sie dann z.B. die Finten auch in Life Kinetik Übungen mit einsetzen.
      Wir haben das hier auch nochmal ausführlicher beschrieben!
      Viele Grüße
      Michi

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