Gastbeitrag: So sehen Sieger aus

Vatertrainer

MFSFussballtraining.TV möchte auch anderen Experten in Form von Gastbeiträgen die Möglichkeit geben, ihr Wissen über Fußballtraining zu teilen. Heute am Start ist Thomas Boettiger von vatertrainer.de, einem tollen und informativen Jugendtraining-Blog.

Hallo lieber Trainerkollege,

ich bin mir sicher, auch du hast einen oder mehrere Spieler wie den, über den ich hier heute einen Gastbeitrag für die Münchner Fussball Schule und deren Videoseite MFSFussballtraining.TV schreibe, in deiner Truppe. Ich möchte darauf eingehen, warum dieser Spielertyp so wichtig für das eigene Team ist und Denkanstöße geben, wie man die positiven Effekte dieses etwas schwierigen Charakters herausstellen kann und sie so dem gesamten Team zu Gute kommen.

Der Siegertyp

Ich habe dieser Art Spielertyp extra einen positiven Namen gegeben, denn trotz des wahrscheinlich eher schwierigen Charakters und der schwierigen Führung, halte ich ihn für einen wichtigen Spieler, der den Unterschied ausmachen kann, oft nicht mal spielerisch, aber vom Willen her.
Außerdem bin ich der Meinung, man sollte nicht mit Vorbehalten an die Sache rangehen und versuchen den Spieler zu verbiegen, sondern versuchen, die negativen Züge in positive Bahnen zu lenken.

Ein Fehler den vermutlich viele Neulinge im Traineramt machen, die sich immer auch ein Stück weit als Erzieher sehen und gewisse Grundzüge nicht tolerieren wollen und versuchen diese „abzuerziehen“. Mir gings nicht anders.

Auch dir dürfte auf Anhieb mindestens ein Kind einfallen, das die Voraussetzungen des kleinen Königs erfüllt. Diese Kinder wollen am liebsten alle Spiele gewinnen, egal ob es ein Punktspiel ist, oder nur die Spielform im Training, oder die Partie „Mensch ärgere dich nicht“ zu Hause. Dafür geben sie alles, gehen an ihr Äußerstes und fordern das auch von ihren Mitspielern.

Nur ein anderes Wort für schlechter Verlierer?

Umgangsprachlich könnte man diese Kinder auch als „schlechte Verlierer“ bezeichnen. Im Kinderfußball können schon mal Tränen fließen und eine Auswechslung wird fast schon persönlich genommen.

„Wie kann der Trainer mich auswechseln, wo ich doch der einzige bin, der sich richtig Mühe gibt?“

Wie du siehst, spielen bei diesen Kindern Emotionen eine wichtige Rolle. Daher finde ich es auch falsch die Kinder einfach in die Schublade „schlechter Verlierer“ zu stecken und auf diese Emotionen nicht einzugehen.

Ich stimme dir zu, wenn du sagst, dieser Charakterzug ist schwierig und anstrengend. Während der Rest deiner Truppe auf der Heimfahrt vom Auswärtsspiel schon wieder scherzt, ist er vermutlich noch traurig oder frustriert.

Ein König verliert nicht…

Und daher wird er mit seinen Emotionen auch im Spiel nicht hinterm Berg halten und wie du weißt kann das auch schon mal Unruhe reinbringen, denn Fußball ist ein Mannschaftssport (5€ ins Phrasenschwein) und die anderen Spieler deiner Mannschaft werden sich mit Sicherheit nicht anpflaumen lassen. Unruhe ist vorprogrammiert.

Du hast einen langen Weg vor dir

Genauso wie du vermutlich die Charakterzüge deiner Spieler kennst und jeden etwas anders anpackst, sollte das auch der Siegertyp machen. Ich möchte jetzt noch nicht unbedingt von Leader sprechen, aber Fakt ist, wenn du diesen Spieler entsprechend coachst, wie du das auch im fußballspezifischen Training machst, wirst du einen Spieler auf dem Feld haben, der die Mannschaft antreiben kann, der sie motiviert, aufbaut oder wachrüttelt.

Und jetzt sind wir an dem Punkt, warum diese Kinder so wichtig für dein Team sind. In dem Moment wo alle die Köpfe hängen lassen, sind sie da – mit ihrem Willen und ihren Emotionen.

Das erreichst du nicht von heute auf morgen. Wie oben beschrieben, ist es wichtig deinen Siegertypen entsprechend zu coachen. Du musst ihm zeigen, wie er mit einzelnen Spielern umzugehen hat. Er wird ein Händchen dafür entwickeln, wer den sprichwörtlichen Tritt in den Hintern braucht, wer eher Streicheleinheiten benötigt und so weiter.

Mach dir also das nächste Mal, wenn „deine“ Diva wieder ihr typisches Verhalten an den Tag legt, bewusst, welchen speziellen und auch wichtigen Spieler du da hast. Atme einmal tief durch und beginne ihn zu coachen. Hab Geduld mit ihm und bringe ihm den Respekt und das Verständnis entgegen, dass jeder andere deiner Spieler von dir bekommt.

Und vielleicht entwickelt er sich ja tatsächlich zu einem Leader an dem sich dein Team hochziehen kann und der in einem Spiel, das auf der Kippe, stets den Unterschied ausmacht.

Viele Grüße

Thomas Boettiger von vatertrainer.de

www.vatertrainer.de

 

Ein Gedanke zu „Gastbeitrag: So sehen Sieger aus

  1. Markus

    Hallo Thomas, Hallo Michi,
    ich liebe diese „schwierigen“ Spieler, denn sie zu führen stellt eine Herausforderung dar. In der Vergangenheit waren diese Spieler auch oftmals die spielentscheidenden Spieler. Bernd Schuster, Wolfram Wuttke, Mario Basler, Stefan Effenberg, Marc van Bommel und Oliver Kahn fallen mir da spontan ein. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich die Liste noch mit Fredi Bobic ergänzen, der in der F- und E-Jugend nach Niederlagen auch „stink sauer und wütend (mit Tränen)“ war – diese Spieler waren ehrgeizig (ein anderes positives Wort für diese Typen).
    Mir stellt sich nur die Frage, ob diese Typen im heutigen (Mannschafts-)Profisport bzw. im speziellen als Fußballprofis noch eine Chance bekommen? Wie viele Eskapaden der Spieler werden heute noch geduldet? Hierzu ist gerade auch die Diskussion um Max Kruse sehr interessant – und der hat noch nicht einmal etwas Verbotenes gemacht (im Gegensatz zu Reus (Fahren ohne Führerschein) und Löw (Unfall und Alkohol)).
    Vielleicht finden sich hier noch die einen oder anderen Beispiele.
    Viele Grüße
    Markus

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