F- und E-Jugend: Sich mit den Besten in der stärksten Liga messen?

Viele Trainer und auch Eltern sagen immer wieder, dass man in der F- und E-Jugend seine Mannschaft unbedingt in der bestmöglichen Liga anmelden soll, damit die Kinder sich bestmöglich entwickeln können. Schließlich ist es nie verkehrt sich so früh wie möglich an den hohen Leistungsdruck zu gewöhnen, denn darum geht es ja später sowieso. Fußballsport ist ja kein Streichelzoo. Aber ist das wirklich so? Entwickeln sich meine Spieler wirklich so gut, wenn ich sie möglichst stark in der höchstmöglichen Liga melde? Grundsätzlich empfehlen wir einem Trainer, seine Mannschaft in der F- und E-Jugend für den Spielbetrieb schwächer zu melden, als er sie einschätzt. Warum? Auf lange Sicht werden die Spieler zwar vom verordneten Rotationsprinzip enorm profitieren,  für den Augenblick macht die Rotation eine Mannschaft jedoch schwächer (Was ist das Rotationsprinzip? Hier gibt es einen weiteren Artikel dazu!). Wir spielen ohne Spezialisten im Tor und mit Positionswechseln innerhalb eines Spiels. Außerdem geben wir jedem Spieler unabhängig von seinem Spielniveau die gleiche Spielzeit. Hinzu kommt, dass wir unserer Mannschaft Aufgaben mit aufs Feld geben. Die Bälle dürfen zum Beispiel von den Verteidigern nicht weit nach vorn geschlagen werden. Bevor der Ball gepasst wird, muss der Spieler den Ball mit einem Trick (Übersteiger, Zurückziehen, Eindrehen) „scharf“ machen. Unserer Erfahrung verliert man durch das Rotations- und Gleiche-Spielzeit-für alle-Prinzip sowie die Spielaufgaben etwa ein bis zwei Niveaustufen. Vorerst…

Vor allem Eltern tun sich am Anfang schwer damit, wenn wir selbst in einem engen Spiel unseren besten Stürmer in den letzten fünf Minuten vom Feld holen, statt den Sieg oder Unentschieden abzusichern. Noch einmal: Wir wollen unseren Kindern das Fußballspielen beibringen und erstmal nicht um jeden Preis nur das Fußballgewinnen. Und wir sprechen hier von der F- und E-Jugend. Hier muss einfach jede Sekunde genutzt werden, den Kinder das Fußballspielen beizubringen. Das reine Gewinnen um jeden Preis erfolgt bei uns erst später in der Ausbildung. Und bitte nicht verwechseln: Wir wollen keine Weicheier erziehen. Natürlich soll die Mentalität vollen Einsatz zu geben da sein und das fordern wir auch ein. Aber die Priorität hat das Fußballspielen. Die richtige Ballannahme. Ein im Spiel gelungener Trick. Ein zu hoher Wettkampfcharakter im Spiel behindert die technische Entwicklung. Warum? Je höher das Tempo im Spiel ist und je härter die Zweikämpfe geführt werden, desto höher sind auch die Anforderungen an die Technik. Zu hoch für Kinder, die gerade erst dabei sind, sich die technischen Grundlagen des Fußballspiels anzueignen. 

Wir empfehlen daher grundsätzlich jedem Trainer, seine Mannschaft etwas schwächer zu melden, als er selbst das Spielniveau einschätzt. Wer seine Mannschaft zu hoch meldet und damit riskiert, dass sie ein Spiel nach dem anderen verliert, raubt seinen Kindern die Lust am Fußball. Es gibt nichts Schlimmeres, als die Vorstellung, dass ein Junge, der gerne Fußball spielt, Samstag für Samstag auf dem Platz steht und bereits vor dem Spiel denkt: „Heute gibt’s wieder zehn Hütten.“ Spiele die 8:0 oder 10:2 enden sind auch für die Gewinnermannschaft von geringem fußballerischem Wert. Die Kinder halten sich für die Größten, verlieren an Konzentration im Training und hören auf, sich fußballerisch zu entwickeln. Es ist für beide Teams schade um die Zeit, die in solchen Spielen verpulvert wird. Drei bis vier Stunden für die Katz. Das richtige Maß hat man als Trainer gefunden, wenn die Spiele herausfordernd sind, aber den Kindern gleichzeitig die Freiheit lassen, das im Training Erlernte sowie die Spielaufgaben umzusetzen.

Für erfahrene Trainer wäre noch eine ganz andere Maßnahme interessant: Man lässt den offiziellen Spielbetrieb Spielbetrieb sein und organisiert seine Saison in Eigenregie mit Freundschaftsspielen. Diese Variante lässt dem Trainer optimalen Gestaltungsspielraum bei der Auswahl der Spielstärke des Gegners. Nach zwei oder drei „normalen“ Gegnern streut man beispielsweise ganz bewusst eine stärkere Mannschaft ein, um zu sehen, ob die Kinder das zuvor Gelernte bereits auf höherem Niveau umsetzen können.

Später in der D-Jugend wenn man sich die Spielstärke nicht mehr aussuchen darf, kann es passieren, dass man mit einem schwächeren Jahrgang in die Bezirksoberliga muss, wo es sehr wahrscheinlich ist, dass man viele Spiele verliert. In diesem Fall vereinbaren wir zusätzlich zu den Punktspielen möglichst viele Freundschaftsspiele gegen schwächere Gegner, um an unseren Ausbildungszielen weiter arbeiten zu können und die Motivation der Kinder hoch zu halten.

In diesem Sinne eine gute Fußballzeit!

Euer Michi

2 Gedanken zu „F- und E-Jugend: Sich mit den Besten in der stärksten Liga messen?

  1. Danny

    Nach einem Jahr Training hat mein 8-jähriger genug – und wir erst recht!
    Der Lieblingsspieler des Trainers durfte ungescholten hänseln, es wird natürlich nicht rotierend trainiert und man will den BESTEN Platz, nicht irgendeinen. Verlieren ist keine Option!
    Was für ein Schei… Ansatz! Was für ein mieses System, was mit einem Dachverband entschuldigt werden kann, der angeblich leistungsfähigen Nachwuchs sehen will.
    Zurück bleibt ein Kind, dass an seiner körperlichen Fähigkeit zweifelt.
    Sowas ist kein Sport, das ist die Nachwuchsschule für selbstverliebte Kotzbrocken vs eingeschüchterter Platzräumer.
    Schade, dass Euer großartiger Ansatz noch in so wenigen Trainerköpfen angekommen ist.
    Bitte mehr davon!

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    1. Michi Schuppke Beitragsautor

      Hallo Danny,

      das ist sehr sehr schade, dass es soweit kommen musste. Leider kein Einzelfall…ich hoffe, dass dein Sohn den Spaß am Fußball nochmal findet. Vielleicht einfach in einem anderen Verein.

      Viele Grüße

      Michi

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