Spielfeldgröße

Die Spielfeldgröße hat massiv Einfluss auf die technische Entwicklung und damit auf die fußballerische Ausbildung der Kinder im Jugendfußball. Sowohl ein zu kleines, als auch ein zu großes Spielfeld können dabei schlecht für die Ausbildung der jungen Kicker sein.

Die Spielfeldgröße im Kleinfeld

Der Bayerische Fußballverband hat vor einigen Wochen eine Mail an alle Vereine mit mittlerweile bekanntem Inhalt versendet. Es ging um die Tatsache, dass es immer weniger technisch gute Fußballer gibt, die im modernen Fußball enge Situationen lösen oder das offensive Eins gegen Eins erfolgreich bestreiten können. Das Abschneiden bei der WM 2018 lässt grüßen. Daher das zentrale Statement in jener Mail: um wieder mehr technisch gute Spieler zu bekommen, muss das bestehende Spielsystem überdacht werden. Konkret heißt das: 3 gegen 3 in der F-Jugend und 5 gegen 5 in der E-Jugend. Dadurch sollen die Kinder mehr Ballkontakte pro Spiel bekommen, sich so logischerweise technisch besser entwickeln können. Während das 3 gegen 3 eh dafür sorgt, soll im 5 gegen 5 zudem durch festgelegte Rotation möglichst gleiche Spielzeit für alle Kinder erreicht werden. Ein zunächst mal guter Gedanke in die richtige Richtung.

Denn das ist tatsächlich einer der Hauptpunkte, die es unbedingt zu verbessern gilt. Mehr Ballkontakte und mehr Spielzeit für alle Kinder in den Spielen – so einfach und logisch wie es klingt, so wenig wird es leider an den Wochenenden praktiziert. Wir haben hier in verschiedenen Artikeln mit unterschiedlichen Schwerpunkten schon oft darüber geschrieben. Wir wollen nun hier keine Diskussion über besagte Mail und deren Inhalte führen. Was wir nur nicht verstehen, ist die Tatsache, dass nun viel darüber innerhalb des Verbandes und auch bei den Vereinen diskutiert wurde, ob und wann und wie dann genau das alles umgesetzt wird. Zunächst mal war der Aufschrei der Vereine groß. Zum Teil mit guten, nachvollziehbaren Argumenten. Der Verband sah sich daher gezwungen, die Inhalte der Mail teilweise zu revidieren und beschwichtigte mit dem Hinweis, dass man zunächst mal das bestehende System mit 7 gegen 7 natürlich nicht ändert und das andere als alternative Empfehlung gesehen werden soll. Wer will, darf also 5 gegen 5 mal spielen, muss aber nicht.

Aber wie oben schon erwähnt – der Gedanke des BFV geht in die richtige Richtung. Und wenn man nun die Vereine nicht überrumpeln will und zunächst mal das 7 gegen 7 fortführt, verstehen wir nicht, dass damit auch die sinnvolle Idee mit mehr Spielzeit für Alle und mehr Ballkontakte pro Spiel für die Spieler auch plötzlich nicht mehr weiterverfolgt wird. Denn man kann doch auch im aktuellen Kleinfeldfußball genau dafür sorgen, wenn man nur an ein paar Schrauben, wie z.B. der Spielfeldgröße, dreht.

Das wohl beste Beispiel: Viele Kleinfeldteams spielen weiterhin mit vielen langen, hohen Bällen und versuchen so zum Erfolg zu kommen. Da ihnen das Ergebnis offensichtlich weiterhin wichtiger ist, als die fußballerische Entwicklung der jungen Spieler, wird eben dieses Mittel gewählt, um das Erfolgsziel zu erreichen.

Technischer Spielaufbau ist ihnen dafür zu riskant, es passieren dabei eben Fehler und daher dürfen sich die Kinder in diesem Bereich leider nicht ausprobieren. Ein häufiges Bild ist es, dass der Torwart den Ball an seine Strafraumkante legt, mit dem kurz vor ihm postierten Verteidiger einen Doppelpass über einen Meter spielt und den Ball anschließend aufnimmt, um ihn dann aus der Hand lang auf ihren größten und wohl auch schnellsten Spieler zu schlagen. Die meisten jungen Kicker des Gegners können in ihrem Alter die langen Bälle nicht oder nur sehr schwer verteidigen, weil sie es noch nicht gelernt haben, die hohen Bälle richtig einschätzen können, ihnen dazu noch die passenden Techniken der Ballannahmen fehlen oder einfach nur Angst davor haben. Der Vorteil dieser Spielweise liegt ausschließlich im Ergebnis.

Die Mannschaft kann keine Bälle in der eignen Hälfte im Spielaufbau verlieren, wenn sie keinen Spielaufbau betreiben. Doch abgesehen vom Torwart, der lernt den Ball lang zu schlagen und dem Stürmer, der diese verarbeitet, hat kein weiterer Spieler etwas von dem Spiel. Von Verarbeitung durch den Stürmer kann dabei auch meistens keine Rede sein. Er rennt halt dem mehrfach hüpfenden Ball hinterher und schießt irgendwann. Und im noch schlimmeren Fall versucht der Gegner aus einer Nervosität heraus diese hohen Bälle direkt wegzudreschen. Die Kommandos folgen prompt von außen: “Nicht aufspringen lassen” – “Erster Ball” – “Direkt weg damit”. Und wenn dies dann auch noch klappt und das andere Team nun wieder diesen Ball direkt wegklopft….ein fürchterliches Spiel entsteht.

Die Spielfeldgröße muss schon im 7vs7 angepasst werden

Damit nun aber diese “Taktik” auch funktioniert, fällt immer wieder eines auf: die Spielfeldgröße wird vom Heimverein oft bewusst sehr klein gehalten. Also relativ kurz und sehr eng. Oft ist dann zwischen Eckfahne und Strafraumlinie nur knappe 1,5 Meter und die Grundlinie wurde schnell mal um 10 Meter eingezogen. Ergebnis: die langen Bälle des Torwarts fallen meist in Strafraumnähe runter und werden so für den Gegner noch gefährlicher. Außerdem können auf einem kleinen Spielfeld die Gegner, die versuchen Fußball zu spielen, sehr leicht zugestellt werden. Das Spielfeld kann also leicht eng gehalten werden und der Gegner kann bei eigenem Ballbesitz nur sehr schwer in die Breite und Tiefe ausweichen. Somit wird beim einen Team der Umschaltfußball bevorteilt und bei dem anderen Team der Ballbesitzfußball verhindert bzw. eingeschränkt. Das Team, dass sich also fußballerisch entwickeln möchte, kann das bei so einer Spielfeldgröße gar nicht in vollem Maße. Obwohl sie genau das tun, was alle so gerne hätten: mehr Ballkontakte für Alle, mehr Ausprobieren von technischen Dingen, mehr offensive 1 gegen 1 Situation spielen.

Es ist also völlig paradox. Man weiß, was das Problem ist. Man will das ändern. Aber anstatt dann im bestehenden System die Rahmenbedingungen, also zum Beispiel durch Änderung der Spielfeldgröße, dafür zu schaffen, wird allzu häufig derjenige gefördert, der wenig bis kein Interesse an FußballSPIELEN hat, sondern dem es nur um dem Erfolg geht und sich dafür seine eigenen Bedingungen schaffen darf.

Der Verband sollte hier dringend größere Spielfelder vorschreiben und außerdem unbedingt bei den Vereinen Aufklärungsarbeit leisten. Denn um dieser Spielweise, die die Kinder kaum weiterbringt, entgegenzuwirken, muss das Spielfeld größer gemacht werden. Zum einen fliegt dann der hohe Ball nicht in den gegnerischen Strafraum und die verteidigende Mannschaft hat also mehr Zeit und Ruhe, sich zu sortieren. Es ist auch unwahrscheinlicher, dass der Abschlag des Torwarts dann in jedem zweiten Fall zu einer gefährlichen Torchance führt. Und es ist dann auch ebenso unwahrscheinlich, dass dieser hohe Ball über den gegnerischen Torwart hinweg fliegt und der Ball gar nicht so selten einfach so ins Tor geht. Zum anderen hilft ein größeres Feld den Mannschaften, die Spielaufbau betreiben möchten und die Vorgaben und Bekenntnisse der Verbände erfüllen und technisch bessere Spieler schulen wollen. Zudem kommt durch dieses Mehr an Raum das gegnerische Team nicht so schnell und leicht in eine Pressing Situation. Ein auf Ballbesitz ausgerichtetes Team bekommt weniger Gegentore. Insgesamt würden nur durch diese Anpassung die Vorteile zu genau den Mannschaften verschoben, die ein wirkliches Interesse an FußballSPIELEN haben.

Die richtige Spielfeldgröße im 9 gegen 9

Die Älteren werden sich erinnern: In der D-Jugend wurde vor einigen Jahren nicht nur auf ein 9 gegen 9 umgestellt, sondern in dem Zuge natürlich auch die Spielfeldgröße angepasst. Bekanntermaßen wird auf zwei E-Jugendtore gespielt, welche an der 16-Meter Linie aufgestellt werden. In der Spielfeldbreite aber ist auffällig, dass manche Vereine die Seitenlinien eher enger ziehen und wiederum andere die volle Breite ausnutzen. Warum ist das so bemerkenswert? Ist das nicht einfach egal, wie breit das Spielfeld ist?

Generell lässt sich festhalten, dass durch die geringe Anzahl an Spielern es zu sehr vielen Ballkontakten für jeden Spieler kommt und damit die Spieler, die zum Einsatz kommen, große Fortschritte machen können. Aber für die Spielfeldgröße gilt auch Folgendes: je kleiner bzw. enger das Feld, desto größer der technische Anspruch. Daher wäre es nur logisch, man würde man möglichst enge Spielfelder mit möglichst geringer Anzahl an Spielern festlegen. Dies ist aber keines Wegs der richtige und beste Ausbildungsweg. Betrachten wir mal zwei unterschiedliche Beispiele um den richtigen Weg herauszufinden.

Vor kurzem haben ich ein Spiel zwischen zwei Nachwuchsteams aus Lizenzvereinen beobachtet. Sie spielten ganz normal nach den Richtlinien des BFV im 8+1. Das normale Spielfeld wurde aber um ca. 5 Meter nach innen verengt.

Das Spiel hatte leider nur noch sehr wenig mit gutem Fußball zu tun. Fast jeder zweite Pass ging verloren und man konnte keinerlei technische Ansätze erkennen. Das Spiel war ausschließlich von Tempo und Zweikämpfen geprägt. Es war eher ein Festival von Pressschlägen und intensiven Zweikämpfen – kein schöner Anblick. In so einem Spiel ist kein Platz für Spielaufbau, Tricks oder schöne Kombinationen. Das Problem ist, dass in so einem kleinen Spielfeld und bei der, in der Regel, herausragenden Grundschnelligkeit von NLZ Spielern der Druck auf den Ball so hoch ist, dass ein sauberes Fußballspielen gar nicht möglich ist.

Betrachten wir das Gegenteil. Spielen zwei “normale” Mannschaften gegeneinander, deren Spieler über im Durchschnitt über eine eher geringere Grundschnelligkeit verfügen, so wird der technische Anspruch bei einem sehr breiten Spielfeld zu gering und damit leidet die technische Entwicklung ebenfalls. Auch die Anzahl der Ballkontakte wird geringer, was den Fortschritt der Kinder bremst. Daher kann es hier keine allgemeine Regel geben, sondern es gilt die richtige Spielfeldgröße je nach Leistungsniveau zu finden.

  • Teams die bereits über eine sehr gute Technik verfügen und gleichzeitig sehr schnelle Spieler haben, sollten über die komplett Breite spielen, um Platz für Technik und Kombinationen zu lassen.
  • Teams die technisch noch nicht so weit entwickelt, normal schnelle oder langsame Spieler haben und somit noch in der Lernphase der Techniken sind, sollten zunächst ebenfalls auf größeren Spielfeldern spielen, um den Gegnerdruck möglichst gering zu halten. So kann ein technisches und taktisches Lernen “in Ruhe ” erfolgen. Mit steigendem technischen Niveau dieser Kinder sollte die Spielfeldgröße dann aber bei eben normal schnellen und langsamen Spieler sukzessive verkleinert werden.

Diesen Zusammenhang sollten alle Trainer nutzen dürfen – demnach muss es zumindest in der Spielfeldgröße gewisse Spielräume für Trainer geben.