Die Nationalmannschaft im Wandel – wo bleibt der Umbruch?

Mit dem Ausscheiden in der Gruppenphase einer WM erlebte die deutsche Nationalmannschaft 2018 eine ihrer schwärzesten Stunden. Vor allem nach den guten Ergebnissen und dem Titelgewinn 2014 löste dies ein gewaltiges Erdbeben in Fußball-Deutschland aus. Änderungen mussten her. Diese tätigte der Bundestrainer dann auch, als er im März 2019 mit Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller drei altgediente Nationalspieler und Helden von Rio 2014 aussortierte. Doch ist das was danach kam wirklich der versprochene Umbruch?

Die Antwort ist nicht so einfach. Grundsätzlich muss man anerkennen, dass Löw durchaus einige Spieler ausgetauscht hat. Es wurden viele Spieler installiert, die vorher noch keine oder fast keine Rolle in der Nationalelf gespielt haben. Offensiv wären da Brandt, Gnabry oder ein Leroy Sane zu nennen. Im Zentrum hat sich mit dem Duo Kimmich/Kroos wenig geändert. Defensiv gab es wohl die größte Umstellung mit Spielern wie Kehrer, Ginter, Tah, Rüdiger, Halstenberg, Klostermann, Schulz etc.

Doch sind das wirklich alles Spieler, die für einen Umbruch stehen? Aus unserer Sicht nur bedingt. Natürlich muss man die Situation je nach Spieler differenziert betrachten. Die Offensive steht mit Gnabry, Brandt, Sane usw. definitiv für das „neue“ Deutschland. Aber Spieler wie Ginter, Rüdiger oder auch Tah (der nicht einmal im Verein erste Wahl ist) sind technisch einfach zu schwach um als Dauerlösung Stammspieler in der Nationalmannschaft zu sein. Doch auf genau diese Spieler baute Löw nach dem schlechten Abschneiden in der Nations League.

Vor zwei Wochen stellte dich dann ein neues Problem für Löw. Nach einigen Verletzungen sprach die Presse bei den Spielen gegen Argentinien und Estland letzte Woche von einer „Not-Elf“ und auch der Bundestrainer merkte an, dass es schwer sei, sich so vernünftig einzuspielen. Der DFB spricht in diesem Zusammenhang immer wieder gerne vom Nachwuchsproblem in Deutschland und dass es deshalb nicht möglich ist, mehr junge, talentierte Spieler in die Nationalmannschaft zu berufen. Auch wir sehen vor allem die technische Ausbildung im Jugendfußball seit Jahren kritisch. Nichtsdestotrotz gibt es in Deutschland talentierte, junge Spieler die sofort in der Nationalmannschaft spielen könnten. Wir waren begeistert, wenn wir uns die letzten Spiele der U21 angeschaut haben. Da sahen wir technisch hochwertigen Fußball mit vielen Tricks und Finten. Warum gibt Löw Jungs wie Nico Schlotterbeck, Ridle Baku oder Robin Koch nicht mal die Chance in der ersten Mannschaft? Bei Letzterem hat er es, aus der Not geboren, getan. Und es hat funktioniert! Robin Koch hat zusammen mit Niklas Süle in der ersten Halbzeit gegen Argentinien ein herausragendes Spiel gemacht. Vor allem die gute Technik von Koch im Spielaufbau und das sofortige Harmonieren mit Niklas Süle waren extrem auffällig. Davon profitierte dann auch unsere sehr gut besetzte Offensive. Dass sich dann in der zweiten Halbzeit die bei Deutschland fehlende Erfahrung bemerkbar machte war klar und ist bei einem Umbruch auch normal. Dennoch: Diese erste Halbzeit erinnerte stark an den erfrischenden Fußball aus dem Jahr 2010 bei der WM in Südafrika und machte Lust auf mehr. Umso verwunderlicher, dass Löw dann gegen Estland Emre Can neben Süle aufbot – ein gelernter 6er, der bei Juve aktuell über die Ersatzrolle nicht hinauskommt und nicht für die Champions League nominiert ist. Wie das ausging ist bekannt.

Wir sagen: Mehr Mut beim Umbruch. Was offensiv bereits gut funktioniert, muss jetzt in allen Mannschaftsteilen umgesetzt werden. Es müssen verstärkt junge Spieler, wie ein Robin Koch, die Chance bekommen sich zu beweisen. Beim DFB hat man sich schon darüber beschwert, dass es keinen Linksfuß gibt, der den linken Innenverteidiger neben Süle spielen kann. Warum nicht mal Felix Uduokhai vom FC Augsburg ausprobieren? Wenn nicht jetzt, wenn der Umbruch sogar angekündigt wurde, wann dann? Auf uns wirkt es oft so, dass Löw nicht so aufstellt ein Spiel unbedingt zu gewinnen, sondern in erster Linie um nicht zu verlieren. Das darf aber nicht der Anspruch von #DIEMANNSCHAFT sein!

 

Eine gute Fußballzeit!

Michael Schuppke

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert