Ausbildungsorientiert Denken!

Unsere Ausbildungsphilosophie ist – wie oft hier beschrieben – ausbildungsorientiert. Nur: was heißt das eigentlich genau? Das werden wir vermehrt in letzter Zeit gefragt. Unsere erste Antwort dabei ist immer: wir stellen die fußballerische und charakterliche Entwicklung der Kinder in den ersten klassischen Ausbildungsjahren des Kinderfußballs (F-D-Jugend) vor einem Triumph über den Gegner. Und wie hier immer wieder kommuniziert: dies bedeutet NICHT, dass wir nicht gewinnen wollen! Ganz im Gegenteil – natürlich sollen die Spieler ihr Bestes geben, um das Spiel zu gewinnen. Nur wollen wir die Spiele mit unseren erlernten technischen und taktischen Mitteln gewinnen, und nicht um den Preis der Entwicklung. Getreu dem Motto: weniger Bolzen, mehr ausprobieren. Ziel dabei ist es, langfristig eine ganzheitliche, altersgerechte Ausbildung der Spieler zu verfolgen. Und das geht nur, in dem bestimmte Kriterien erfüllt werden. Was sind diese und warum verfolgen wir in der Jugendausbildung keinen erfolgsorientierten Fußball?

Ein großer Baustein unserer Ausbildung stellt die Trickphilosophie dar. An die 100 verschiedenen Fußballtricks lernen die Kinder in diesen Jahren. Zum Teil sehr alltagstaugliche Tricks, die man mittlerweile immer mehr auch im Profifußball Woche für Woche bestaunen kann. Zum Teil völlig abgefahrene Sachen, die die Spieler später nie im Spiel anwenden werden. Die Kinder sammeln aber durch das Üben aller Tricks Selbstvertrauen und verbessern im Laufe der Zeit extrem ihre Ballkontrolle und das Ballgefühl. Zudem werden die Kinder im 1vs1 geschult. Eine Forderung, die man heute auch von Seiten des DFB gerne hört. Nur über das WIE spricht keiner.  Bei uns lernen die Kinder die Tricks immer mit Torabschlüssen oder kombiniert in Passübungen und werden dann in den Trainings- und auch Punktspielen aufgefordert, dies auszuprobieren. Sie sollen technische Lösungen im Spielaufbau suchen, was natürlich um einiges schwieriger ist als stumpfes „Ball nach vorne schlagen“ und hinterher zu laufen oder auf den berühmten zweiten Ball zu gehen und schnell zu schießen – am besten aus allen Lagen. Durch unsere zunächst schwierigeren Lösungsansätze werden in der Jugend natürlich mehr Fehler gemacht. Langfristig lernen die Kinder aber, wie man technische Lösungen für schwierige Situationen unter Druck findet. Das bedeutet, dass man am Anfang vermehrt Gegentore aufgrund von Fehlern im Spielaufbau bekommt, was den kurzfristigen Erfolg natürlich hemmt. Langfristig werden die Kinder zu besser ausgebildeten Spielern und können fast jede Situation technisch richtig lösen. Sie werden so zu technisch guten Spielern erzogen. Das braucht aber Zeit und dafür muss die Tabelle hinten anstehen.

Wichtig ist es wie erwähnt, dass die Kinder die Tricks und Lösungsansätze ausprobieren sollen, ohne dass sie vom Trainer angemeckert oder kritisiert werden. Der Trainer soll die Kinder auch nach Ballverlusten und Fehlern motivieren, weiterhin mutig und frech zu spielen. Sie sollen keine Fehler vermeiden und Sicherheitsspieler werden. Sie sollen aus dem Fußball kein Fehlervermeidungsspiel machen. Denn später wollen wir technisch brillante Spieler haben, die das 1 gegen 1 lösen und enge Situationen auf dem Feld öffnen können. Und wir wollen keine Passquote von angeblich tollen 90%, die sich aber nur durch Sicherheitspässe zurück auf den Innenverteidiger ergeben hat.

Insgesamt soll der Trainer also Fehler erlauben und die Kinder immer versuchen zu loben und zu motivieren. Nur wenn die Kinder so mit wenig Druck spielen und trainieren können, sind sie fähig, sich weiterzuentwickeln und kreativ zu werden. Sobald Kinder Angst haben, Fehler zu machen, werden sie sich nicht komplett entfalten und somit durchgehend in ihrer Entwicklung gehemmt sein. Vielleicht werden sie zu guten Spielern, aber zu keinen sehr guten. Stichwort Fehlervermeidungsspiel, was sich heute auch in der Bundesliga oft beobachten lässt. Es entsteht langweiliges Ballgeschiebe, und das will keiner sehen.

Zudem spielen wir nach dem Rotationsprinzip, welches die Mannschaft natürlich kurzfristig schwächt, da die Kinder nicht nur auf ihrer „besten“ Position spielen. Langfristig sind die Kinder wieder besser ausgebildet, da sie auf allen Positionen spielen und somit alle technischen und taktischen Aufgaben auf dem Spielfeld lernen. Zudem kann beispielsweise später ein Verteidiger die Gedankengänge eines Stürmers viel besser nachvollziehen, da er selbst weiß, wie man sich auf dieser Position fühlt, weil er sie auch mal spielen musste. Auch wenn er von den Anlagen her kein klassischer Stürmer von Geburt an war. Aber wobei: das weiß ja auch keiner so wirklich, wenn die Kinder 7 Jahre alt sind. Sie also zu früh positionstechnisch zu spezialisieren bildet die Kinder nicht nur nicht ganzheitlich aus, sondern nimmt ihnen auch vielleicht die Möglichkeit, doch ein guter Spieler auf einer ganz anderen Position zu werden. Denn vielleicht stellt sich plötzlich in der Pubertät raus, dass der Spieler doch nicht so schnell ist wie angenommen und er doch ein besserer 6er als Flügelspieler ist. Wie bei uns das Rotationsprinzip funktioniert, haben wir hier schon mal näher beschrieben.

Ergänzend dazu gibt es keine Ersatzbank im klassischen Sinne, sondern die Kinder sollen alle möglichst gleich viel Spielzeit bekommen. Auch dadurch wird der konkrete Leistungsgedanke gehemmt und die Mannschaft bleibt weitestgehend homogen. Zumindest wird die Leistungsschere innerhalb des Teams kleiner – und das ist gerade für Amateurvereine extrem wichtig. Denn später brauche ich eben im Großfeld 15 und mehr gute und sehr gute Spieler. Wenn hier also nun früher nur die angeblich besten spielen durften und die anderen eben nicht und auch nicht ausgebildet wurden, dann habe ich spätestens hier ein Leistungsproblem innerhalb des Teams. Die Folge: die Guten gehen weg, die anderen bleiben oder hören auf und der Verein hat plötzlich keine B- oder A-Jugend mehr.

Zudem melden wir unsere Ausbildungsjahrgänge gerne in Ligen an, in denen Mannschaften spielen, die verhältnismäßig gleich gut oder leicht schlechter als das eigene Team sind, damit die Spieler noch mehr Möglichkeiten haben viel auszuprobieren. Sich mit den Besten zu messen, ist für die fußballerische Entwicklung der Kinder ein großer Fehler. Dazu haben wir hier auch schon einen Artikel geschrieben.

All diese Maßnahmen fördern die Entwicklung der Kinder, indem sie ohne Druck und mit viel Spaß, Mut und Experimentierfreude Fußball spielen können. Und zwar ohne, dass das Spiel an sich zu ernst genommen wird. Das bedeutet wie gesagt nicht, dass wir nicht gewinnen wollen, sondern, dass die langfristige fußballerische und menschliche Entwicklung der Kinder wichtiger ist, als der kurzfristige Erfolg.

Wie kennzeichnet sich nun erfolgsorientierter Fußball in den Ausbildungsmannschaften und warum erzeugt dieser keine besseren Spieler? Dazu bald mehr in einem neuen Artikel!

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Eine gute Fußballzeit

Euer Michi

Ein Gedanke zu „Ausbildungsorientiert Denken!

  1. Jose

    Hallo Michi! Ich finde deine Einstellung super! hättest du Vorschläge von Vereine in München (Heidhausen) die für F Jugend mit diese Philosophie trainieren/spielen/ausbilden? Danke!

    Antworten

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